Ich vermisse die Mailerei und das SMS-Geschicke schon seit Wochen, aber was will man (frau) machen. Ich vermisse auch den Spaß, den wir hatten, die Fototouren, das Wandern, ernsthafte und völlig alberne Gespräche.

Ich vermisse nicht das Gefühl, ausgenutzt zu werden, weil ich mit den Pillen eh nicht wirklich zurechnungsfähig war. Trotz langer Überlegungsphasen hatte ich immer irgendwann das Gefühl, Gedanken nicht zu Ende spinnen zu können, rational zu denken. Das Interesse an mir kam nämlich genau zu dem Zeitpunkt wieder auf, als ich hier schrieb, daß es mir mit den „Drogen“ – oh Wunder! – besser gehen würde. Ich vermisse auch nicht das Herumeiern um ein bestimmtes Thema, das Vermeiden von Streitgesprächen zu einem bestimmten Thema und auch nicht, der Abladeplatz für seinen Seelenkram gewesen zu sein. Ich wäre lieber Freundin, Partnerin, Geliebte gewesen als seine Beraterin und jemand, der ihm die Antworten auf seine Fragen und Denkereien gibt, die er hören wollte.

Er hat sich fein aus der Affäre gezogen als er behauptet hat, ich hätte ja die Entscheidung getroffen. Als ich seine Hilfe brauchte, war er nicht für mich da, im Gegenteil, er hat sich wieder (!) auf anderen „Weiden“ umgesehen. Ich brauche niemanden, der sich nicht sicher ist, sich nicht entscheiden kann, sich nicht festlegen will und der vor allem eigentlich gemeinsame Entscheidungen über meinen Kopf hinweg fällt. Seine Lebensplanung ist inzwischen so festgezurrt, da geht kein Weg mehr dran vorbei.

Es hätte schön werden können, aber es sollte wohl doch nicht so sein. Es wird für mich wieder ein Stück mehr schwerer, in Zukunft wieder jemandem zu vertrauen.

Dies und das

Ich habe heute, glaube ich, im Büro mehr Zeit mit Aus-dem-Fenster-gucken verbracht als alles andere. Gestern konnten wir zugucken, wie die Bagger eine Art Podest für den Abrißarm aus dem Schutt geschaufelt haben, zwischendurch immer mal wieder ein Versuch, ob der Arm an die oberen Balken reicht. Reichte eine Weile nicht, heute morgen die letzten Schaufeleien, dann gings los. Am spannendsten war wohl zu sehen, mit welcher Leichtigkeit so ein Ding Stahlträger verbiegen und aus den Wänden fetzen kann. Ich mußte mir oft „Dach fällt!“ oder „Achtung, Träger!“ verkneifen. So langsam verstehe ich den Berufswunsch Baggerfahrer von manchem kleinen Jungen.

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Normalerweise fremdschäme ich mich ja für Mitmenschen, die sich über Nichtigkeiten aufregen und sich gern bei Oberen beschweren. Gestern war bei mir aber doch mal das Level erreicht. Ich hatte gestern morgen in meinem Bus eine Tasche liegenlassen, den Verlust aber noch bemerkt. Ich steige an der Endhaltestelle aus, die Fahrer lösen sich ab und fahren dann in die Wartebucht bis zur nächsten Runde. Ich tapere also bei strömendem Regen diesem dämlichen Bus hinterher, als ich ihn erreiche, macht der Fahrer erstmal die Tür zu. Ich stehe also blöd vor der verschlossenen Bustür, bis der Fahrer sich bequemt, die Tür doch zu öffnen und mich anblafft, daß das keine Haltestelle sei, bevor ich überhaupt einen Ton gesagt habe. Schwerer Fehler Nr. 1, aber ich bin weiter freundlich. Ich trage mein Anliegen vor, er läßt mich in den Bus und ich darf meine Tasche holen. Als ich einsteige, steht der abgelöste Fahrer IM Bus und zieht genüsslich an seiner Zigarette. Wohlgemerkt, die Türen waren vorher zu. Ich bedanke mich, daß ich meine Tasche holen konnte und laufe los in Richtung Büro, ärgere mich dabei über den rauchenden Busfahrer. Gut, es schüttet wie aus Eimern, aber das ist kein Grund, in den Öffentlichen zu rauchen. Es sind fünf Minuten, auf dem Weg liegt das Kundenzentrum der DVB. Gehe ich meckern oder lasse ich es sein? Erst vor der Tür entscheide ich für meckern und trage mein Anliegen der Dame im Kundenzentrum vor. Sie notiert meinen Namen und Telefonnummer, sagt mir auch sofort, daß das den Fahrern nicht gestattet sei, in den Bussen zu rauchen. Ich habe es auch schon anders erlebt; daß sich die Fahrer über die neueste Unsitte von Fahrgästen beschweren – vorm Einsteigen nochmal an der Kippe ziehen, Zigarette wegwerfen, einsteigen und dann erst den Rauch ausatmen, nämlich in den Bus. E-KEL-HAFT!!

Heute vormittag ruft mich der Fahrdienstleiter der DVB an und entschuldigt sich bei mir für das Fehlverhalten des Busfahrers. Sie hätten mit ihm gesprochen, ihn ermahnt und die anderen Busfahrer belehrt. Es folgt noch eine Reihe von „Hinweisen“, wie sie Beschwerden nachgehen, daß bei groben Verstößen sogar arbeitsrechtliche Konsequenzen drohen und was weiß ich alles. Ich nehme die Entschuldigung dankend an, hoffe für den armen Busfahrer, daß sie ihm nicht die Hölle heißgemacht haben. Aber es zeigt auch, daß sie an ihrem Service arbeiten, wenn das nicht unbedingt zur Folge hat, daß die Busse hier raus öfter fahren. Aber man kann auch nicht immer alles haben. 🙂

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Ich lache immer noch: Nachdem mir der Fotokollege gestern ein paar Sachen in Photoshop gezeigt und mir über Nacht seine Bücher ausgeliehen hat, habe ich heute beschlossen, die entsprechende Literatur selbst zu erwerben. Addison-Wesley ist ja immer kostspielige Fachliteratur, aber ich muß endlich mal anfangen, mich mit Bildbearbeitung zu beschäftigen. Gehe ich eben nach Feierabend los in das größte Buchgeschäft Dresdens und finde auch gleich die gesuchten Bücher. Es gibt sogar ein Bundle, 2 zum reduzierten Preis. Einzeln kosten die Bücher 40 und 50 EUR, als Paket knapp 80 EUR. Mit zwei Fotobänden und diesem Paket unterm Arm gehe ich zur Kasse, die Buchhändlerin scannt alles, sagt mir einen Preis, ich stutze kurz und zücke meine Karte. Bezahlen, unterschreiben, sie packt ein, ich nehme die Tüten und schaue erst in der Bahn auf den Beleg. Sie hat den falschen Preis über den Scanner gezogen und nicht kontrolliert; statt knapp 80 EUR stehen knapp 40 EUR auf dem Kassenzettel. Schnäppchen gemacht, Thalia.

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Eine Nebenwirkung der Medis ist das Vergesslichwerden. Ich hoffe, das gibt sich wieder, wenn ich das Zeug in ca. viereinhalb Monaten wieder absetzen kann, aber im Moment geht es mir grad ein wenig auf den Zeiger. Für Dinge, die ich erledigen muss oder soll, kann ich mir Zettel schreiben, aber was mache ich mit Erlebnissen und Geschichten, die ich erzählt bekomme? Aufschreiben? Ächz. Aber Gelassenheit ist gut, die bekommt mir gut mit diesen Dingern. Ich habe mich jahrelang nicht in Schwimmhallen getraut, inzwischen ist mir das, was andere über mich denken, grad sowas von egal. Ich will schwimmen und nur das zählt im Moment. Weil es einfach zuviel Spaß macht. Salzwasser, schnorcheln und dabei Fischen und Schildkröten zugucken wäre zwar besser, aber man kann nicht immer alles auf einmal haben. Und die Schildis besuche ich auch wieder, keine Frage. Katharina wartet schon auf mich.

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„… es geht mir viel zu gut und was bitte, was soll ich darüber schreiben? mit dem eigenen glück muss man sich immer ein bisschen zurückhalten, da geht man anderen schnell auf den sack. …“

Besser als coolcat kann ich es nicht sagen. Die Lebensgeschichte ist verschieden, die Erlebnisse nicht unterschiedlicher als zu anderen Menschen, aber die Gedanken, die sind irgendwie grad die gleichen. Was soll ich schreiben, wenn es mir eigentlich ganz gut geht?

Bunte Vögelchen, die Fortsetzung

Zwei Wochen lang habe ich jeden Morgen brav 20 mg Antidepressivum geschluckt. Ja, gab auch ein paar Nebenwirkungen. Das ausgetrocknete Gefühl im Mund hat mich lange genervt, es ist nicht ganz weg, aber inzwischen haben wir uns arrangiert. Gut daran ist, daß ich mehr als sonst trinke, regelrecht in mich reinschütte, um diesen Zustand wegzukriegen. Tageweise hatte ich regelrecht Herzrasen, was aber auch am übermäßigen Kaffeekonsum in der Firma gelegen haben könnte. Inzwischen trinke ich nachmittags nur noch einen kleinen Latte Macchiatto, damit gehts besser.

Gegen Ende der zweiten Woche wurde selbst mir mein fast ständiger euphorischer Zustand zuviel. Es dauerte morgens nicht allzu lange, um „draufzukommen“, aber ich kam abends nicht wieder runter, geschweige denn zur Ruhe. Ich fühlte mich nach einem anstrengenden Tag zwar müde, aber nicht erschöpft, einschlafen konnte ich meist erst nach Stunden, wenn ich nebenbei DVDs schaute („Tom&Jerry“ gehen gut zum Wegpennen, aber auch „Dogma“ funktioniert immer wieder). Vergangene Woche war ich abends nach zehn Stunden Büro noch ca. fünf Stunden mit den Kollegen unterwegs, Bowling, schwatzen, essen, trinken. Es brauchte nach dem Ankommen zu Hause geschlagene zwei Stunden (also irgendwann nach 1 Uhr nachts), bis ich einschlafen konnte. Irgendwie kann’s das auch nicht sein, dachte ich und taperte am Montag erneut zum Arzt.

Jetzt sind es nur noch 10 mg jeden Morgen, heute mittag meinte der Lieblingskollege beim Mittagessen, ich sei schon ruhiger geworden. Ich war mir auch selbst zu anstrengend.

Die Ärztin hat sich beim heutigen Therapiegespräch ehrlich für mich gefreut. Sie meinte, daß die ersten Besserungen nach wenigen Tagen, die ich ihr beschrieben hatte, nicht wirklich auf die Tabletten zurückzuführen sind, sondern eher darauf, daß der „Schalter“ im Kopf umgelegt wurde, weil ich etwas gegen die Depression unternommen hatte. Sehr gut findet sie auch meinen Aktivitätenplan, den ich für mich aufgestellt habe, aber ich solls nicht übertreiben und mich jetzt unter Druck setzen und nicht versuchen, mehr zu erreichen, als ich stemmen kann.

Es gibt noch so viel zu tun und ich merke, daß der Elan, diese Sachen zu erledigen, langsam wiederkommt. Aber nicht alles auf einmal wollen, können, das muß ich mir eben immer wieder vorsagen, damit ich nicht ins andere Extrem falle und „überschnappe“. Et löpt.

Dies und das und sonstnochwas

Mal wieder fast eine Stunde mit meinem Bruder telefoniert, seit er nach dem Umzug wieder am Netz ist. Reisepläne und son Zeugs. Über alles mögliche gelabert, im Hintergrund fordert Hägar, der schrecklich Kranke, lautstark seine Aufmerksamkeit ein.

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Lieblingscousinchen ist wie immer auf der Piste. Sie zu erreichen grenzt fast an Weltwunder, sogar unter der Woche. Mal sehen, Sonntagnachmittag ist eigentlich immer ein guter Zeitpunkt, sie zu beschwatzen.

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Blödes Pillenzeugs, das. Ich komme zwar morgens gut drauf, aber abends nicht wieder runter. Ich muß dringend den Arzt konsultieren. Alkohol ist keine Lösung und beißt sich mit den bunten Vögelchen.

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Zwei Obstler und ich habe einen „Laberflash“. Erinnere mich gerade an das Gespräch zwischen meiner Mutter und mir von vor zwei Wochen, als es um ein Gemälde in der Wohnung der Lieblingsoma ging. Jetzt klicke ich gerade die alten Fotografien durch, die ich vor Jahren mal eingescannt habe. Endlich mal wieder heulen können. Sentimentaler Scheiß.

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Plan für morgen früh: Mindestens 15 Bahnen. Heute waren es schon 12, und erst die zweite Runde. Ich weiß, daß ich es kann.

Entgegen der ursprünglichen Planung habe ich das Wochenende nicht auf einem Workshop verbracht (der wurde nämlich kurzfristig um zwei Wochen verschoben), sondern nach dem Großkampfwaschtag gemütlich mit der Dame des Hauses und einem Buch auf der Couch, die Ohren unter den guten Sennheiser versteckt. Ich habe es seit langem mal wieder geschafft, mich nicht vom Fernseher berieseln zu lassen und stattdessen gelesen, etwas mehr als 400 Seiten.

Überhaupt – fernsehen wird total überschätzt. Ich weiß nicht, wie oft ich in den letzten Wochen die Kiste abgestellt habe mit dem Gedanken „alles schon mal gesehen, kennste schon“. Fernsehen langweilt gerade total, nur Wiederholungen und nervige Werbepausen, von den ständigen Negativmeldungen in den Nachrichten gar nicht zu reden.

Wenigstens kann ich mich wieder auf Bücher konzentrieren und gebe nicht nach zwei Seiten entnervt auf. Ist doch auch was.

Bunte Vögelchen, Selbstversuch

Als ich mich im vergangenen Jahr vom Arzt aus dem Verkehr habe ziehen lassen, dauerte die Auszeit zwar lange, aber ich habe den Quatsch durch Lichttherapie und lange Spaziergänge wieder einigermaßen in den Griff bekommen. Nach meiner Rückkehr ins Büro waren die schlimmsten Stolpersteine beseitigt, und es blieben nur noch vier Wochen bis zum langersehnten Urlaub auf Hawaii. Es ging also.

Ein bißchen graute mir vor dem noch fern liegenden Spätherbst und Winter; ich kenne mich und weiß, daß diese Zeit für mich immer besonders dunkel erscheint und so ihre Probleme mit sich bringt. Dann tauchte der Regensburger auf und es ging mir über Wochen nicht mal so schlecht. Eigentlich ein gutes Zeichen.

Zum Jahreswechsel hin merkte ich schon, daß es mir mieser ging, aus verschiedenen Gründen, auf die ich nicht alle eingehen will. Eine ziemlich unklare berufliche Zukunft, Selbstzweifel, der ganze Mist eben. Im Januar dann die Sorge um die Lieblingsoma, noch ein paar Banksachen obendrauf, zwischenmenschlicher Kram, irgendwann war Schluß. Ich hatte ständig das Gefühl, in einem überfüllten Raum zu stehen, laut zu schreien und völlig ignoriert zu werden. Wenn ich an meinem Schreibtisch saß und lustlos vor mich hinklickte war mir, als würde ich mir selbst kopfschüttelnd über die Schulter sehen. Schlafen ging auch nicht wirklich – ich ging zu normalen Zeiten zu Bett, wachte irgendwann zwischen 2 und 3 wieder auf, lag dann stundenlang wach und war gegen 7, als ich dann aufstehen mußte, wie gerädert. Ich blieb zwei Wochen zu Hause, konnte wenigstens den Bankkram regeln, aber Erholungsschlaf ging gar nicht. Am Samstag vor anderthalb Wochen schlug die Depression dann mit voller Wucht zu. Arbeiten ging nur noch unter größter Aufbietung aller Kräfte, was sich zu Hause in meinen vier Wänden abspielte, will ich lieber nicht näher beschreiben.

Ich gehe seit einem reichlichen Jahr regelmäßig zu Therapiegesprächen, je nach Befinden häufiger oder seltener. Bisher hat es funktioniert, daß ich auf Medikamente verzichten konnte. Ich bin kein Freund von Psychopharmaka, in meinem Kopf spulen sich dann immer Filme von aufgezogen wirkenden, menschlichen Zombies in Anstaltskleidung ab. Den Ausschlag, sich darüber eingehender zu informieren, gab ein Bericht auf VOX. Zweimal bin ich in Buchhandlungen gewesen, zweimal überfordert mit dem Overkill an wissenschaftlicher und pseudowissenschaftlicher Literatur wieder raus. Die für mich wichtigsten Infos habe ich zum nächsten Therapietermin mitgenommen. F33.1G.

Seit Freitag nehme ich das Zeug. Es funktioniert ganz gut, es dauert ca. eine Stunde, bis die Wirkung einsetzt, dann kommt man wirklich gut über den Tag. Zuerst fühlte ich mich wie nach fünf Espresso auf ex, das gute daran ist, daß ich es am Freitag wirklich geschafft habe, kontinuierlich mein Zeug abzuarbeiten. Man schafft es wieder, sich selbst zu disziplinieren und auf Dinge zu konzentrieren, wenn wichtiges ansteht; das ist mir in den vergangenen Wochen nie gelungen, ich habe mich allzu gern von Belanglosigkeiten ablenken lassen. Die Nebenwirkungen halten sich in sehr erträglichen Grenzen, sollen auch wieder verschwinden nach ein-zwei Wochen regelmäßiger Einnahme. Bißchen zittrig manchmal, aber das ist erträglich. Positiv empfinde ich für mich, daß die Pillen die Symptome ziemlich im Zaum halten, man denkt zwar teilweise noch intensiv über dies und jenes nach, wird aber gelassener. Die stundenlangen Heulkrämpfe sind auch weg, ich hoffe, der Nachtschlaf zieht noch nach. Ich wache zwar immer noch von Zeit zu Zeit auf, nur kurz, die stundenlangen Wachphasen sind aber schon weg. Für die meisten Leute, die mich kennen, wirke ich wie immer – locker, aufgeschlossen, gelöst. Gut so.

Es gibt noch ein paar Dinge, die ich regeln muß und die ich entscheiden muß. Braucht Zeit, kommt Zeit. Ich bin froh, daß ich im Moment wieder besser mit mir zurechtkomme als noch vor einer Woche. Um Ausgleich und Ablenkung vom Alltagstrott habe ich mich schon vor drei Wochen gekümmert. Wird schon.

Liebes Denkzentrum,

… das war jetzt bereits das zweite Mal in dieser Woche, daß Du nachts zwischen 2 und 3 Uhr versucht hast, mit mir Probleme zu wälzen und mich deshalb nicht schlafen gelassen hast. Ja, ich weiß auch, daß nicht alles im Lot ist im Moment, aber muß Dir das ausgerechnet mitten in der Nacht einfallen? Reicht es nicht, wenn ich Dich tagsüber schon mit dem ganzen Scheiß beschäftige?

Bitte sei so gut und lass mir wenigstens in dieser Nacht ein paar mehr Stunden Schlaf als in den vergangenen Tagen. Ab Sonntag wird es genügend Ablenkung geben und am Montag haben wir dann genug Zeit, uns uneingeschränkt mit den von Dir angemahnten Problemen zu befassen und vielleicht auch ein paar Lösungen zu finden. Nach dem Aufstehen.

 

Viele Grüße,

mona_lisa

Keinen Kaffee mehr, bitte.

If you don’t listen what the people say

The people gonna have to take their own way

You got to give the people what they need

And only then will they begin to see

There’s a world that we don’t know

There’s a world we never see

Espresso

 

I don’t need this trouble, I don’t need the grief

I don’t need to feel this pressure down on me

Every day there’s something we don’t really need

Stop, think, walk away and let it be

Stop, think, walk away and let it be

Espresso

 

There’s a world that we don’t know

There’s a world we never see

Espresso

(„Espresso logic“, Chris Rea, Album „Espresso Logic“)

 

„Espresso Logic“ war mein erstes Album, das ich von Chris Rea gekauft habe. Ich liebe es immer noch, vor allem den Titelsong. Er beginnt instrumental, leise und steigert sich langsam, sowohl an Instrumenten als auch an Lautstärke und Rhythmus. Vor allem Reas Instrumentalabschnitte in seinen Songs mag ich sehr, am liebsten über Kopfhörer und achte auf jeden noch so leisen Ton, der weiteren Hörgenuß bereitet. Ich habe Rea spät entdeckt, zu lange leider nur die üblichen Mainstreamtitel gehört.

Vor einigen Wochen war ich im iTunes-Store stöbern und wollte eigentlich das auf riesigen Plakatwänden beworbene Album „Fool (When You Think It’s Over)“ kaufen, aber ich lese zuerst die Kritiken anderer Hörer und nutze die 30 Sekunden Hörprobe. Schlecht, schlecht, schlecht. Irgendwer der Rezensenten hat es treffend beschrieben: „Hoffentlich hat Chris Rea seine Seele für diesen Mist nicht verkauft und dafür die Freigabe erteilt. Offenbar brauchte der Musikverlag Geld…“, oder so ähnlich.

Ich habe angefangen, die Alben nachzukaufen, die ich noch nicht im virtuellen Plattenschrank stehen habe. Die mainstreamtauglichen Titel sind logischerweise immer noch dort, schließlich sind sie vor Jahren ja mal auf einem der Alben erschienen. Aber dazwischen, da liegen die Perlen. Es gibt eine Menge Songs von ihm, die nicht unbedingt depressionstauglich sind, weil sowohl Musik als auch Text traurige Geschichten erzählen. Aber sie erzählen eben Geschichten, sie faseln nicht Belangloses.

Zuletzt habe ich häufig nicht nur seine Songzeilen zum Kommentieren meines Allgemeinzustandes genutzt, sondern auch, um jemandem ein paar Botschaften zukommen zu lassen. Ob sie verstanden worden sind, weiß ich nicht. Und an dieser Stelle verweise ich mal eben auf die Zeilen acht bis elf des oben geposteten Songs.

Es ist wieder Zeit, die Reißleine zu ziehen. Beruflich bewegt sich gerade einiges zum positiven, aber die vergangenen Wochen waren nervenzerrend, hinzu kommt, daß ich um die Weihnachtszeit an jedem verdammten Arbeitstag die Zeit im Büro geradezu absitzen mußte, weil nicht viel zu tun war. Seit drei Tagen schlägt es ins andere Extrem um, ein Kollege krank, der andere noch im Urlaub, und im Stundentakt schlagen die Fehlerzustände ein. Es gilt, Termine und Zuständigkeiten zu koordinieren, aber bei mehreren anstrengenden Kunden gleichzeitig kapituliere ich irgendwann. Morgen ist ein freier Tag, den ich eigentlich anders verbringen wollte, aber ich werde dieses Stückchen Luft irgendwie zu nutzen wissen.

Die Ärztin ist nicht zufrieden mit mir, zuviele Probleme stapeln sich gerade wieder und ich bin noch nicht fertig, wenigstens die alten Sachen als abgeschlossen zu betrachten. Die Reha, vor Monaten beantragt, ist zwar bewilligt, die Widersprüche auch eingelegt, aber es kann noch Wochen, wenn nicht sogar einige Monate dauern, bis ich sie endlich antreten kann.

Ich habe das Gefühl, 2009 fängt mit Vollgas an und das einzige, was ich gerade sehen kann, ist die Betonwand, auf die es mit Speed zurast. Hoffentlich ist bald Oktober, mein derzeitiger Lichtblick, aber vorher, vorher, da muß ich irgendwie noch ein paar Highlights setzen. Mal sehen, wie.