Es gibt so Tage…

„…Kurz vor zu Hause fällt mir die Blumenverkäuferin und mein Strauß Rosen ein. Fahre pfeifend zurück und löse meine Blumen gegen die Zweifuffzich ein.

Auf dem zweiten Mal Rückweg wird mir ein wenig kalt, und ich halte an und will meine Jacke überziehen. Der kluge Leser weiß, was als nächstes kommt. Ich frage also Rad und Tasche: Jacke gesehen? Beide: Nö.

Kenne nun den Weg auch im Schlaf und fahre zurück zum Café. Sehe dort schon erwartungsvolle Gesichter. Der Kellner schenkt grad nach und meinte, es wären intern Wetten abgeschlossen worden, wie lange ich bräuchte. Die Dame mit der Schokotorte hätte gewonnen.

Meine Jacke lag derweil wohlig warm auf einem anderen Stuhl in der Sonne unter einem Terrier. …“

Danke, Frau Lu, für diesen wunderbaren Beitrag. 🙂

Stümmt

Es gibt Enttäuschungen im Leben, über die kommt man nie richtig hinweg. Auf unerklärliche Weise sind diese Enttäuschungen immer mit Menschen verbunden, die einem wichtig sind. Oder danach: wichtig waren. Aber eigentlich noch wichtig sind. Noch enttäuschender ist es dann, wenn man feststellen muss, dass Reden – das Allheilmittel – doch nichts taugt. Und man fragt sich, ob dieser desolate Zustand nun auf die Situation, auf die Personen oder auf einen selbst zurückzuführen ist.

Im Zweifelsfalle würde ich immer auf mich selbst tippen. Nichts ist schlimmer als verletzter Stolz, nichts ist schlimmer als gekränkte Menschen, die blindlings in Wut und Zorn um sich selbst schlagen. Am Ende wacht man aus der Betäubung auf: blind, desorientiert, aber vor allem mit einem grobmaschigen Gedächtnis ausgestattet, das soviel durch die Lücken fallen ließ. Die Tage kreiseln um einen. Der Morgen wird der Abend, der Abend wird der Morgen… dazwischen nur dagesessen und dem Kaffee beim Frieren zugesehen.

Leider gibt es in sozialen Beziehungen keinen Neustartknopf. Obwohl diese Metapher darüberhinweg täuscht, dass auch ein Neustart theoretisch nur noch mal die ganzen Gefühle neulädt, noch mal von Vorne beginnen lässt… jedoch die letzten Abstürze tief im Gedächtnis behält. Ein wirklicher Neustart ist nicht möglich.

Scambaiter

Kaspersky Lab referiert in einer Analyse vom 05.08.2008 zu Betrugsversuchen per E-Mail und zeigt in weiterführenden Abschnitten auf, wie Betrüger an Daten und Geld kommen können. Leider scheint es immer noch Leute zu geben, die auf Phishing hereinfallen.

Da mir der Fall selbst in den vergangenen Tagen passiert ist und ich immer noch nach belegbaren Fällen in Deutschland suche, war ich besonders an dem Thema „Nigeria-Connection“ interessiert. Leider schreiben die Kasperskys nur über Betrugsversuche an Männern, keiner erwähnt aber, daß diese Masche auch bei Frauen versucht wird und teilweise zum Erfolg führt.

Das Szenario sieht in etwa so aus:

Frau meldet sich bei irgendeiner Onlinekontaktplattform an, um neue Leute kennenzulernen. Vielleicht findet sich der Traumprinz doch in den Weiten des Netzes (und hier bitte keine blöden Sprüche, danke). Irgendwann trudelt eine Mail ein, in der man angeschwärmt wird, wie toll man sei, wie viel man gemeinsam habe, daß das kein Zufall sein kann und daß der Gegenüber der absoluten Überzeugung ist, daß man genau diejenige sei, die er schon immer gesucht habe.

Unverzüglich erfolgt die Bitte, die Plattform zu verlassen und sich mittels Yahoo/ MSN/ AIM/ ICQ weiter zu unterhalten. Der Typ stellt sich als Engländer oder weißer US-Bürger vor, wirft ein paar Bröckchen über sich und sein Leben in den Raum, geht aber nie ins Detail. Gezielte Nachfragen „versteht“ er nicht oder sie sind ausweichend. In manchen Dingen widersprechen sich auch Aussagen in Profil und Unterhaltung (Wohnort, Beruf, Ausbildung). Augenfällig ist meist, daß, trotz angeblich hohem Bildungsniveau, gravierende Schreibfehler auftauchen oder intellektuelle Themen nicht  verstanden werden.

Bereits nach sehr kurzer Zeit (1-3 Tage) fängt der Typ an, im Chat zu erzählen, daß er sich in einen verliebt habe. Immer wieder kommt die Beteuerung, daß Distanz und Aussehen keine Rolle spielen, er sei sich sicher, seine Seelenverwandte gefunden zu haben. Er redet von Heirat, vom langen, glücklichen Leben zu zweit und so weiter.

Meine Geschichte endet an dieser Stelle. Ich bin von vornherein skeptisch, wenn mir jemand E-Mails schreibt, die klingen, als würden sie zu dem schmalzigsten Rosamunde-Pilcher-Film gehören, den man je gesehen hat. Da ich nunmal Frau bin UND gleichzeitig neugierig, habe ich mich auf diverse Chats eingelassen, bin ein paarmal ob zu schwülstiger Beteuerungen vor Lachen fast hintenüber gekippt, habe mich zu einem gewissen Teil aber auch beeindrucken lassen. Ich hatte, und das sei hier mal deutlich gesagt, noch nie mit sogenanntem „romance scam“ zu tun, Katharina hat mich bei einem Telefonat Sonntag nacht allerdings eindringlich gewarnt. Zuviel sprach nach meinen Erzählungen da bereits dafür, daß der Typ ein Betrüger ist. Irgendwann kommt meist Nigeria ins Spiel, entweder der Typ ist schon da und sitzt angeblich fest, oder er reist erst hin und meldet sich irgendwann mit einer Story über Krankheit, Familientragödie, Krieg, Raub, Überfall oder was einem sonst noch so einfällt.

Zuerst war ich geknickt ob geraubter Illusionen. Dann sauer, inzwischen wütend. Das Internet ist voll mit Geschichten von Frauen, die sich becircen lassen, Geld bezahlt, ungedeckte Schecks eingelöst, Waren oder Flugtickets bezahlt haben, deren Erstattung nie eingetreten ist. Die anrührende Geschichte wird erzählt und die rosabebrillten Frauen wollen helfen. Viele haben Tausende Dollar, Euro oder Pfund bezahlt und das Geld nie wieder gesehen.

Vor allem in den USA gibt es tausende von Fällen, dort ermittelt auch das FBI, wenn genügend Beweise vorliegen. Wie leicht oder schwer es ist, diesen Organisationen (und das müssen sie sein, sonst würde das nicht so gut funktionieren) auf die Pfoten zu hauen und ihnen das Handwerk zu legen, konnte ich bisher nicht finden, aber es muß unglaublich schwer sein, sonst würde dieser Spuk irgendwann mal aufhören oder durch etwas neues ersetzt werden.

Europa also jetzt. Ich habe sogar in amerikanischen Foren von Fällen aus England, Belgien und auch Deutschland gelesen. Wahrscheinlich wird das Pflaster „USA“ den Nigerianern langsam zu heiß. Von Rußland aus wird genau das gleiche aufgezogen, nur daß hier die Männer die Gelackmeierten sind. Die deutschen Foren, die ich dazu gefunden habe, schreiben von regelrecht organisierten Ringen, an denen deutschsprechende Frauen beteiligt sind, um evtl. mißtrauische Männer in Sicherheit zu wiegen. Wieviel Geld mancher Geprellte für Rußland verbrannt hat, steht leider nirgendwo, aber ich bin sicher, einige von ihnen werden ein paar Tausend Euro verloren haben.

Die Ermittlungsbehörden scheinen sich übrigens nicht für diese Betrugsversuche zu interessieren. Ich habe auf den Seiten des hiesigen LKA zwar Warnungen zur „Nigeria-Connection“ gefunden, die beziehen sich aber auf die längst bekannte Masche der Geschäftsleute, für die man ein Bankkonto eröffnen soll und die eine hohe Provision versprechen. Trotz mehrerer Anfragen fand sich angeblich niemand in den Büros, der Auskunft erteilen könnte.

Das Thema ist dürftig besetzt in Deutschland. Mario Sixtus hat Anfang 2006 über die sog. Scambaiter geschrieben, doch das klingt eher nach einem Sport derjenigen, nicht nach echten Fällen.

GlamourDick hat eine ganz wunderbare Lobhudelei auf die unvergleichliche Kate Bush zu deren gestrigem 50. Geburtstag geschrieben und die Rede mit einer Menge wundervoller Musikvideos gespickt. Unter anderem dieser Beitrag war der Grund, Glam sehr schnell wieder in den Feedreader zu holen, dessen Eintrag mir beim letzten Wechsel des Tools abhanden gekommen ist. Seit gestern weiß ich wieder, warum ich ihn so gern lese.

Brief an einen Blogger

Lieber Herr Remington

Ich mag Ihre Zoogeschichten immer ganz gerne, weil sie den Menschen so wunderbare, riesige Spiegel vorhalten. Offene Augen und offene Ohren, na klar. Und dann schreiben Sie drüber, wenn Ihnen mal wieder jemand unangenehm aufgefallen ist.

Leider sind Sie mir heute unangenehm aufgefallen. Sie ignorieren Menschen, die an Ihrem Infoschalter stehen, erst einmal minutenlang und schauen in der Gegend rum. Warum, ist mir schleierhaft. Als Sie dann endlich mal die Augen auf den Ratsuchenden heften, kommt nur ein „Was gibts denn?“ raus. Das irritiert schon etwas. Die höfliche Fragestellerin (warum entschuldigt man sich eigentlich, wenn man von Auskunftgebenden eine Auskunft haben möchte?) auf der Suche nach Infomaterial unterbrechen Sie vor Ende des Satzes zackig mit einem „Dort hinten.“, bevor man Ihnen gesagt hat, daß es um Tierpatenschaften geht. Man würde schließlich nicht fragen, wenn man „dort hinten“ nicht bereits nachgeschaut hätte, oder? Wenigstens waren Sie so freundlich, das gewünschte Faltblatt aus der Schublade zu holen. Aber irgendwie habe ich in den ganzen zwei Minuten dieser kleinen Konversation einen Funken Höflichkeit Ihrerseits vermisst.

Bitte kehren Sie gelegentlich vor Ihrer eigenen Tür, bevor Sie über die mißgelaunten Touristen und Dresdner wieder einmal herziehen.

 

Viele Grüße,

mona_lisa