Grad such ich noch die schönsten Bilder aus meinem Flickr-Account raus, um hier mal wieder ein bißchen anzugeben, und dann schneit mir eine Einladung für eine Gruppe gegen Zensur bei Flickr ins Postfach. Und was lesen wir heute fröhliches? Flickr gibts seit gestern abend auch auf Deutsch. Schön und gut, allerdings habe ich mich mittlerweile an die englische Menüführung gewöhnt und nach ungefähr fünf Sekunden wieder zurückgeschaltet.

Offenbar hat man aber bei Yahoo im Hintergrund die AGB angepaßt und dem Ganzen auch noch einen Zensurfilter verpaßt. Im Klartext: Viele Nutzer mit deutschem Yahoo-Account sehen noch nicht mal ihre eigenen Bilder, Gruppenadmins können die eingestellten Bilder nicht mehr moderieren oder freigeben. Als moderat werden offenbar nur noch Blümchen- und Landschaftsbilder akzeptiert, selbst harmlose Tierfotografien oder Straßenaufnahmen fallen zum Großteil der Zensur zum Opfer. Ein offizielles Statement von Yahoo zu diesem Thema steht immer noch aus.

Als ich gestern morgen Desiderias Kirschblüten sah, schlummerten meine noch auf der Kamerakarte im Rucksack. Aber heute ist ja auch noch Frühling.

Auf Fototour

Abrisshäuser, die zweite. Sunday, 9 am. Am Industriegelände befinden sich die ehemaligen Büro- und Produktionsgebäude der Getreidemühle, die seit über 15 Jahren aufgegeben sind.

Die irgendwann mal von Jemandem empfohlene Taschenlampe habe ich vergessen, sie war aber auch nicht nötig, da die Sonne volle Breitseite in die wenigen Fenster schien. Mulmig war mir nur vor unliebsamen Überraschungen durch andere Leute, die durch die Gebäude streunen könnten.

In den Produktionshäusern hatte ich keine Probleme, kein Mensch weit und breit. Knapp anderthalb Stunden habe ich in Ruhe fotografiert, Motive ausgeleuchtet, Stativ auf, Stativ ab, Objektive wechseln. Die Kabelmarder waren lange vor mir da, überall aufgerissene Verteilerkästen, abgerissene Leitungen.

Spannend wurde es dann im ehemaligen Verwaltungs- und Laborgebäude. Zwar haben dort bereits – wie fast überall in verlassenen Häusern – Vandalen gehaust, aber Fotomotive gab es zur Genüge. Völlig vertieft ins Fotografieren in einem der Räume habe ich wohl das Knirschen von Schuhsohlen auf dem Staub überhört, denn als ich mich umdrehte, stand ein junger Mann in der Tür und glotzte mich an. „Waah!!!“, und dann musste ich über meine eigene Blödheit lachen. Er lief weiter die Treppen nach oben, aber als er plötzlich überall dort auftauchte, wo ich fotografierte, wurde es mir doch zu unheimlich. Er stand ewig im ersten Stock rum, den ich am Ende ausgelassen habe, weil mir der Kerl immer unangenehmer wurde. Bewaffnet mit dem ausgeklappten Stativ als Schlagwaffe für den Fall der Fälle brach ich die Tour dann ab.

Note to self: Mindestens zu zweit, besser aber zu mehreren solche Touren zu abgelegenen Fabriken machen. Reizgas kaufen.

Auf Fototour

Eigentlich sollte ich darüber nichts schreiben, denn was ich heute angestellt habe, ist grenzwertig und bewegte sich für über eine Stunde jenseits der Legalität.

Meine erste fotografische Tour durch ein Abrisshaus liegt hinter mir. Aufregend, spannend, faszinierend und wehmütig, weil ich mich mit zwei anderen in dem Haus herumgetrieben habe, von dem ich in meinem letzten Beitrag geschrieben habe. Berge von Schutt, Relikte, lose Kabel, riesige Wasserpfützen und abgebaute Rolltreppen.

Wir haben die Baustelle durch einen ungesicherten Zaun betreten (böse, böse Abrissfirma!) und uns vorsichtig durch die Etagen bewegt. Nach knapp 10 Minuten konnten wir feststellen, daß wir nicht die einzigen Faszinierten waren, denn im Erdgeschoss kam uns schnellen Schrittes ein junger Mann entgegen, Rucksack und Stativ auf den Rücken geschnallt. Er sagte uns, daß man bis auf das Dach hinaus könne und wir sollten uns nicht erschrecken, sein Kollege sei noch oben unterwegs. Den trafen wir einige Zeit später dann auch – in der Küche des ehemaligen Restaurants.

Ich bin mir noch nicht sicher, wann und wo ich Bilder aus dem Inneren veröffentliche. Wahrscheinlich, wenn das neue Gebäude fertig ist oder so. Auf jeden Fall gibt es ein Fazit – beklemmend war allein die Tatsache, daß dieses Gebäude jetzt tatsächlich verschwindet.

Abriss altes Centrum-Warenhaus

Stahl kreischt auf Stahl, als die Zange des Abrissbaggers zum wiederholten Mal nach den Stäben im Beton greift und daran zieht. Motoren heulen, Wolken dichten Staubs ziehen über die Einkaufsstraße, es stinkt nach Asbest. Immer wieder bleiben Passanten am Bauzaun stehen, einige klettern auf Sitzbänke, die sie vorher in film- und fotostrategisch günstige Positionen gezerrt haben. Der Abriss des alten Centrum-Warenhauses ist ein Spektakel.

Stück für Stück fressen sich die Bagger in die Fassade, nichts soll bleiben, wenig erinnern. Nur ein kleiner Teil der alten Aluminiumverkleidung wurde abgebaut, damit er beim Neubau als Bruchstück wieder auferstehen kann. Der Rest, der diesen Bau geprägt und ihm seine Einzigartigkeit verliehen hat, liegt in großen Bergen als Schrott über den Abrißplatz verteilt. Man sieht den Waben schmerzhaft an, wie und womit sie aus ihren Verankerungen und Befestigungen gerissen wurden.

Neubauen um jeden Preis heisst es in dieser Stadt. Dabei orientiert man sich zu gern an der Bebauung, die vor der kompletten Zerstörung der Innenstadt das Bild geprägt hat. Zwischen Damals und Jetzt liegen mehr als 60 Jahre, die diese Stadt verändert und ihr ein eigenes Bild ihrer Zeit verliehen haben. Alles nicht wahr, es soll nie dagewesen sein.

Diejenigen, die Bau, Eröffnung und Einkaufen in diesem Haus erlebt haben, erinnern sich grösstenteils gern. Es war ein markanter Punkt in der Innenstadt, zu dem man Gäste führte und der bestaunt wurde, dessen Metallfelder in der Sonne gleissten.

Ein Stück DDR-Architektur verschwindet für immer und macht einem neuen Konsumtempel Platz, der in Kürze an dieser Stelle entstehen wird. Größer, kaufrauschfördernd, mit benachbarten Einkaufsgalerien konkurrierend. Welche Zielgruppe damit erreicht werden soll, erschliesst sich mir nicht.  Soviel Geld kann nicht mal ich verdienen, um es in all den Einkaufsstraßen, Shoppingmalls und -parks ausgeben zu können.

Schade um ein weiteres Stück auch meiner Geschichte, das auf alle Zeiten dahingehen wird.