Gerbrand Bakker – Oben ist es still

Helmer krempelt sein Leben um. Sein kranker, bettlägeriger Vater wird kurzerhand in Helmers kleines, altes Kinderzimmer verfrachtet, alle alten Möbel, Bilder, Stickbilder wandern hinterher. Helmer richtet sich im Rest des Hauses neu ein, streicht Wände neu, leistet sich neue Möbel. Sein halbes Leben hat er auf dem elterlichen Hof verbracht, mit angepackt, gerackert, geschuftet, ohne je selbst ein eigenes Leben führen zu können. In der Hoffnung, dass sein Vater über kurz oder lang stirbt, überlegt Helmer, was er mit seinem Leben noch anfangen soll. Bis eines Tages ein Brief eintrifft von Riet, der früheren Freundin seines Zwillingsbruders, in dem sie ankündigt, dass ihr Sohn Henk bei Helmer das Arbeiten lernen soll.

Das etwas tragische Buch von Gerbrand Bakker wirkt auf mich wie eine Aneinanderreihung grauer, neblig-kalter Tage, nach denen nie wieder die Sonne scheinen wird. Helmer hat resigniert vor einem Leben, das für ihn immer fremdbestimmt wurde. Jetzt, mit über 50, könnte er neu anfangen und weiß doch nicht so recht, wie er es angehen soll. Ausgerechnet an diesem Punkt tauchen auch noch Gespenster aus seiner Jugend in Form der Freundin seines toten Zwillingsbruders auf, die ihn doch zurückwerfen. Sein Vater stirbt irgendwann, doch was soll er mit diesem Umstand, dieser Art von Befreiung anfangen?

Ich hadere lange mit dieser Figur, dieses Getriebene und doch Gebremste an ihr. Es ist ein Buch ohne wirklich glücklichen Ausgang. Helmer lernt Namen von dänischen Orten auswendig, weil er einmal nach Dänemark fahren will; das ist schon ein komisches Hobby, um ein Land, das man besuchen möchte, kennenzulernen. Helmer entsteht vor meinem inneren Auge als einer dieser Bauern mit blauer Latzhose, kariertem Hemd, Gummistiefeln, grauen Haaren und hängenden Schultern. Landleute, bei denen ich nie verstanden habe, mit welcher Hingabe sie von Sonnenaufgang bis weit nach Sonnenuntergang ackern, um einigermaßen über die Runden zu kommen. Freunde werden Helmer und ich nicht, auch wenn es eine schön erzählte, aber eben doch tragische Geschichte ist.

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