Ich könnte kotzen. In hohem Bogen.

Jahresgespräch heute nachmittag in der Firma. Zunächst mußte ich 10 Minuten auf den Chef warten, der das vorhergehende Gespräch überzog. Ich kann ja meine Unlust optisch auch gut zur Schau stellen, und mir war nicht nach Witzchenreißerei und blöden Spielchen zumute.

Ich habe meinen Unmut geäußert, daß ich mich weder ernst- noch wahrgenommen fühle, sein Desinteresse an meiner Arbeit, meinen Problemen und mir. Er hält dagegen, er hätte sich sehr wohl für mich interessiert, mehr als für andere Kollegen, viele Gespräche geführt, auch mit mir. Das ist gelogen (und das weiß er sicher auch), denn es gab im letzten Jahr lediglich zwei Gespräche zwischen uns, die meine persönliche Entwicklung und Situation betrafen. Ich nehme zwar Medikamente, aber ich bin nicht völlig bescheuert. Er hat mit anderen Kollegen, meinem Teamchef über mich gesprochen, sagt er. Ich halte dagegen, mag sein, aber nicht mit mir. Er kippt alles über den Teamchef ein. Ehrlich gesagt, ist mir mein Teamchef lieber als er zum Reden, aber mir fehlt seine Präsenz, sein Rückfragen, er ist schließlich mein Manager. Die Kritik daran, an seinem Umgang mit den Leuten, indirekt auch an seinem Führungsstil, läßt er nicht gelten. Es werden berufliche Themen besprochen, was nicht geklappt hat, ich erkläre, er nennt es Ausreden, Ausflüchte, mit denen ich mich zu verteidigen suche (was sicher zu einem Teil stimmt, aber wieso rechtfertige ich mich eigentlich?), er meint, er sähe kaum noch Einsatzgebiete für mich. Ich versuche zu erklären, daß ich weiß, daß mir für einige Aufgaben die Erfahrung fehlt, ich hatte Unterstützung angefragt, die nicht gewährt wurde; er meint, deshalb hätte man ja das Projektgeschäft mit mir probieren wollen. Ich sage, daß Projektgeschäft, das er erwarten würde, Beratergeschäft sei und Berater will ich nicht werden. Er begreift es nicht. Er versucht sich als Frauenversteher, meint, ich würde den Job nicht auf die Reihe bekommen und genauso sähe es auch privat bei mir aus. Das war der Moment, wo ich mir mächtig auf die Zunge beißen und mich zwingen mußte, nicht über den Tisch zu springen, um ihm für seine Unverschämtheit eine reinzuhauen. Er kramt alte Geschichten von vor zwei Jahren raus (was mich dran erinnert, mal wieder mit Ex-Kollegen zu telefonieren), kennt die Vorgeschichte in der Firma von mir nicht (er selbst ist erst seit zwei Jahren dabei), aber zieht sie als Aufhänger für meine angeblich schlechte Leistung und Kommunikation heran. Er kapiert nicht, daß man mit dieser Erkrankung nicht mal eben zum Arzt geht, Medikamente bekommt und nimmt, vielleicht eine Auszeit hat und dann zu 120% wieder in den Beruf einsteigt. Er hat sich noch lustig darüber gemacht Anfang letzten Jahres, als ich noch offen damit umgegangen bin und ihm gesagt habe, daß ich Antidepressiva nehme. „Wenn sie gut sind und helfen, bring welche mit, ich will auch welche haben. Ich habe nichts gegen ein bißchen Chemie, wenn sie hilft.“ Idiot. Ich kann krank sein oder zur Reha fahren, soviel ich will: Wenn sich im Umfeld oder bei den Umständen nicht auch etwas ändert, anpaßt oder löst, wird sich für mich nie etwas ändern. Das war dann auch der Moment, in dem für mich feststand, ich muß da so schnell wie möglich raus.

Fazit: Erwartungen nicht erfüllt. Die Themen, die als meine Ziele am Jahresanfang festgelegt wurden, habe ich sehr wohl erfüllt, aber gemessen werde ich offenbar nur daran, was in den letzten 2-3 Monaten des abgelaufenen Jahres gewesen ist. Eigentlich sollte ich es in den letzten 5 Jahren kapiert haben – es zählt nur das, was am Jahresende läuft oder nicht läuft.

Quasi zum Aufmuntern gab’s noch ein „Bonbon“ obendrauf: Trotz beschissener Leistung gibt’s vielleicht ein bißchen mehr Geld. Hossa!

Es wahrlich nicht leicht, für einen Chef zu arbeiten, der alles angräbt und vielleicht sogar erlegt, das bei Drei nicht auf dem Baum ist und in dessen Beuteschema ich so offensichtlich nicht passe, daß er es mich immer wieder spüren läßt. Ich trenne immer schon strikt zwischen Job und Privatem, ich bin kein Freund der bei uns so gängigen Büroehen und -liebschaften. Schmeicheleien und Anbiedern ist nicht mein Ding, um auf der Karriereleiter voranzukommen. Ich will mir morgens immer noch ins Gesicht sehen können.

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