Wühlmaus

Das Foto ist reichlich vier Jahre alt. Einige Wochen vorher hatte die Lieblingsoma einen Schlaganfall erlitten, von dem sie sich nicht wieder richtig erholte. Über drei Jahre haben meine Eltern sie zu Hause gepflegt, bevor sie im letzten Jahr einschlief. In der Zwischenzeit lag der Steingarten brach, nur die notwendigen Aufräumarbeiten konnten gemacht werden.

Als mein Vater sich vor ein paar Wochen daran machte, den Goldfischteich zu reinigen und die Fische aus dem Winterquartier wieder nach draußen zu befördern, beobachteten ihn meine Mutter und ich dabei, wie er an verschiedenen Ecken wuchernde Pflanzen und Unkraut entfernte, die Haufen aber mit schöner Regelmäßigkeit direkt im Feld verblieben. Ich bin schon nicht besonders ordentlich, aber das brachte mich dann doch auf die Palme, zumal sich meine Eltern gern an meinem privaten Chaos aufreiben.

Egal: Um Ostern herum wollte ich ein paar Tage frei machen, außerdem waren Hägar und mein Bruder angekündigt, also konnte ich die verbleibende Zeit auch nutzen und ein wenig im Garten wühlen. Ich wollte wenigstens ein bißchen von Omas Garten wieder aufforsten. Meine Mutter unterstellt mir an dieser Stelle gern mal niedere Motive, weil ich Gartenarbeit eigentlich nicht so mag (ich ernte lieber als zu pflegen), aber ich hatte Bock drauf und habe in den vergangenen Tagen gemerkt, daß mir selbst das Unkrauten und Bereinigen Spaß macht. Das virtuelle Gärtnern bei Farmville in den letzten Monaten hat irgendwie Lust darauf gemacht, selbst mal wieder in der Erde zu wühlen.

Rede ich dann mal in Zahlen: Bei Omas Steingarten handelt es sich um eine Fläche von ca. 80-90 qm, die zu etwa einem Viertel anderweitig überbaut oder bepflanzt ist. Leider steht als Nachwirkung des Hochwassers 2002 der Gastank für die Heizungsanlage auf diesem Areal, aber in der Zwischenzeit haben sich die einfassenden Koniferen als Sichtschutz entwickelt. Ca. 3 qm nimmt der Fischteich ein, etwa 10-15 qm werden von Eibe überwuchert. Die restliche Fläche ist Gartenland.

Diese elendigen Bodendecker, die sich in den letzten Jahren ungehindert ausgebreitet haben, habe ich mühsam auf ein Mindestmaß reduziert. Ich habe einige Male fluchend im Garten gestanden, weil das Wurzelgeflecht bei einigen wie Schnipsgummi ist und ich darauf wette, daß ein Teil davon wieder aufgeht. Den Vorschlag, das Zeug gleich komplett umzugraben, hat mein Vater abgelehnt. Der Plan ist, daß das ganze Jahr über etwas wächst und blüht; ich werde es ihm im Herbst noch einmal vorschlagen. Das Schöne daran ist, daß ich beim Rausreißen schon so viele grüne Spitzen darunterliegender Pflanzen gesehen habe, daß ich mich freue, was wohl daraus wird.

Ansage meines Vaters am Ostersonntag: Alles Blaue kann raus. Meint: Veilchen sind zu entsorgen. Und die Eibe wird nicht geschnitten, das macht man im Herbst. Ich erinnere mich, daß es zu Großvaters Zeiten im Garten exakt eine Stelle im Garten gab, an der Veilchen blühten. Mit den Massen, die ich bisher herausgezogen habe, könnte man ganze Wiesen bepflanzen. Und ich bin noch lange nicht fertig. Irgendwann hatte ich die Nase voll vom Gekrieche unter halbmeterhohe Eibenzweige und eine Gartenschere in der Hand, um die überhängenden Äste zu kürzen. Alles, was in die Ohren stach, kam weg. Und was mir sonst im Weg war, auch. Mein Vater hat nicht widersprochen. Hihi.

Gestern dann das Gefühl, jeden Regenwurm mit Namen grüßen zu können. Es gibt so unsagbar viele davon, daß ich aufgepaßt habe, daß das nestbauende Gefieder rundrum die Schnäbel davon läßt. Ansonsten war es gestern und vorgestern eine Wohltat, zwischen Bienen, Schlupfwespen und Hummeln zu hocken, dem Gezwitscher zuzuhören und einfach mal nichts anderes denken zu müssen. Gibt es eigentlich Abzug auf dem Karmakonto, wenn man die jedem Grün schadenden Schnecken aufklaubt und zertritt? Es waren einige Hundert, die auf das Schafott gewandert sind.

Samstag geht es weiter, dann auch mal mit aktuellen Bildern. Ich bin geneigt, meinem Vater dieses südwestliche Eckchen im Garten zur Pflege aus dem Kreuz zu leiern und zu pflanzen und zu hegen, was mir gefallen könnte. Über Rücken, Oberschenkel, Hintern und raue Hände jammere ich schon gar nicht mehr. Es macht einfach grad nur Spaß.

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