[Rezension] Andreas Eschbach – NSA

Klappentext: „Weimar 1942: Die Programmiererin Helene arbeitet im Nationalen Sicherheits-Amt und entwickelt dort Programme, mit deren Hilfe alle Bürger des Reichs überwacht werden. Erst als die Liebe ihres Lebens Fahnenflucht begeht und untertauchen muss, regen sich Zweifel in ihr. Mit ihren Versuchen, ihm zu helfen, gerät sie nicht nur in Konflikt mit dem Regime, sondern wird auch in die Machtspiele ihres Vorgesetzten Lettke verwickelt, der die perfekte Überwachungstechnik des Staates für ganz eigene Zwecke benutzt und dabei zunehmend jede Grenze überschreitet … Was wäre, wenn es im Dritten Reich schon Computer gegeben hätte, das Internet, E-Mails, Mobiltelefone und soziale Medien – und deren totale Überwachung?“

Ich habe das Buch jetzt dreimal angefangen und dreimal abgebrochen, ich komme mit der Geschichte und Eschbachs Erzählweise diesmal gar nicht klar. Das mag zum einen an der schwachen Figur Helenes liegen, die er geschaffen hat (na klar, der männliche Part ist viel dominanter), zum anderen an jedem eingedeutschten technologischen Begriff, die er in dem Roman zuhauf verwendet. Für jemanden wie mich, der heutzutage in der Branche arbeitet und dann liest, was Eschbach daraus angepasst hat, ist das ganze eigentlich ein Rückschritt. Dazu kommen noch gewaltverherrlichende Szenen und verklärende Reden der Nazizeit vieler seiner Protagonisten, was ich persönlich in Zeiten wie diesen sehr fragwürdig finde. So sehr ich Eschbachs Bücher sonst wirklich schätze, das hier werde ich nicht weiterempfehlen.

Andreas Eschbach, „NSA – Nationales Sicherheits-Amt“, 800 Seiten, erschienen bei Bastei Lübbe

Computer…

Logbuch des Captains, Sternzeit 02201912

Dieses frühe Aufstehen macht mich fertig. Montags ist es am schlimmsten, die anderen Wochentage stehen sich jedoch in nichts nach. Zuerst schlurfe ich in die Küche, setze den Kaffee auf den Herd, danach ist Badzeit. Duschen, trocknen, anziehen, wie immer. Das sind meine ersten 20 Minuten eines Tages, Gedanken und Ideen tröpfeln so langsam ein. Meinen Kaffee nehme ich danach mit Milch und meinen Medikamenten, setze mich für 15 bis 20 Minuten in den Sessel und lese das neueste aus der Nacht. Dann auf zur Arbeit. Hier pendeln gefühlte 75% durch die Rheinpfalz, dementsprechend dicht ist der Verkehr. Auch daran gewöhnt man sich nach ein paar Wochen.


Gespräche unter autofahrenden Kollegen. Interessanterweise sind die großmäuligen Meckerer über anderer Leute Fehlverhalten im Straßenverkehr (hier: verkehrt herum aus einem Parkhaus raus fahren) auch die, welche zwei Sätze später schulterzuckend zugeben, nachts auch schonmal links herum durch die Kreisverkehre zu fahren oder bei Rot die Ampel zu kreuzen, wenn offenbar nichts kommt. Ich habe das dringende Bedürfnis, mir diese unnötigen Informationen blitzdingsen zu lassen und hoffe, diesen Idioten nie nachts hier auf einer Straße zu begegnen.


Kurz nach meinem Einzug in die Wohnung in der Rheinebene hatte ich Spaß mit Kleintieren im Spitzboden meiner Wohnung. Es dauerte ein paar Wochen bis ich raushatte, dass mir offenbar eine Armee von Mäusen nachts über dem Kopf rumtanzte. Der Vermieter startete mehrere Versuche, erst mit Ultraschall (bwahaha), dann Tierhaaren und Fallen (fanden sie immer noch witzig), schließlich Giftköder. Die handelsüblichen Dinger schmeckten offenbar, trugen aber nicht dazu bei, das sich das Problem erledigte. Irgendwoher brachte er schließlich die schweren Giftgeschütze, spickte die Fallen und diverse Lockstellen und wir warteten etwa drei Wochen. Anfang Dezember ging ich nachsehen und da lagen sie: zwei sind einfach tot umgefallen, die dritte steckte in einer Falle. Danach war für mehrere Wochen Ruhe und ich dachte, das Thema wäre erledigt.
Ich lag falsch. Vor zwei Wochen war erneut spätabends das Geräusch von Mäusen in der Zwischendecke zu hören. Mit meiner Erkältung, an der ich jetzt schon seit Ende Dezember laboriere, wollte ich nicht auf den Boden steigen; es ist kalt und die Luft da oben ist nicht unbedingt sauber. Gestern abend ging ich nochmal nachsehen, da steckte wieder eine Maus in einer der Fallen. Alle anderen Fallen waren gespannt, aber leergefressen. Das Thema ist bestimmt noch nicht zu ende.


[Rezension] Takis Würger – Stella

Berlin im Jahr 1942. Eine Geschichte über Angst und Hoffnung – und über die Entscheidung, sich selbst zu verraten oder seine Liebe. Eine Geschichte, die auf wahren Begebenheiten beruht.

Ein junger Schweizer aus gutem Haus kommt im vierten Kriegsjahr nach Berlin. Friedrich will Zeichnen lernen, die Stadt erleben. Bei seinem ersten Kurs soll er ein Mädchen malen, bringt aber keinen Strich zu Papier. Später lernt er Kristin näher kennen, verliebt sich und bleibt. Sie streifen durch die Berliner Nächte, feiern ausgelassen, lernen zwielichtige und auch gute Menschen kennen. Irgendwann verschwindet Kristin. Als sie nach über einer Woche wieder auftaucht, hat sich alles geändert. Kristin ist Stella, eine jüdische junge Frau, die unter Folter und Misshandlung eingewilligt hat, untergetauchte Juden zu finden, damit ihre Eltern nicht deportiert werden.

Ohne die derzeit stattfindenden Diskussionen um das Buch zu kennen, habe ich mich darauf eingelassen. Immer wieder stellte ich mir beim Hören die Frage, wie man sich wohl verhalten würde, wenn einem etwas ähnliches wiederfahren würde. Oder ob Menschen die Situation um sie herum nicht wahrhaben wollten, stattdessen Feste feierten und sich mit Alkohol und Drogen betäubten. Friedrich kam mir zu oft viel zu naiv vor, auch das wiederholte Aufsuchen des gemeinsamen Bekannten Tristan, der Kristin offenbar verraten hatte, konnte ich nicht richtig nachvollziehen. Bei der fiktiven(?) Figur fehlte mir einfach das Kritische, Misstrauische. Kristin/ Stella war mir oft zu gleichgültig, was ihre Taten als „Greiferin“ nur noch schlimmer macht. Ich vermute, es ging irgendwann nicht mehr um ihre Eltern, sondern nur ihr eigenes Überleben. Ich habe auch einige Kapitel gebraucht bis ich begriff, dass die verlesenen Auszüge aus den Protokollen Zeugenaussagen aus den Prozessen gegen Stella waren. Erst im Epilog wird aufgeklärt, dass es sich bei Stella um eine reale Person handelt.

„Stella“ setzt sich auf seine Art mit dem Holocaust auseinander. Wer das jedoch eindringlicher und kritischer haben möchte, sollte ein entsprechendes Sachbuch dazu lesen. Ich denke, das ist kein Anspruch, den Takis Würger hier erhebt.

Takis Würger, „Stella“, erschienen im Carl Hanser Verlag 2019; Audio-CD von Random House Media

[Rezension] Sebastian Fitzek – Der Insasse

Klappentext: Ein vermisstes Kind – ein verzweifelter Vater – ein Höllentrip ins Innere der Psychiatrie. ​Zwei entsetzliche Kindermorde hat er bereits gestanden und die Berliner Polizei zu den grausam entstellten Leichen geführt. Doch jetzt schweigt der psychisch kranke Häftling Guido T. auf Anraten seiner Anwältin. Die Polizei ist sicher: Er ist auch der Entführer des sechsjährigen Max, der seit drei Monaten spurlos verschwunden ist. Die Ermittler haben jedoch keine belastbaren Beweise, nur Indizien. Und ohne die Aussage des Häftlings werden Max‘ Eltern keine Gewissheit haben und niemals Abschied von ihrem Sohn nehmen können.

Wer viel und weit fährt, kann viele Hörbücher konsumieren. Fitzek hat sich einmal mehr als der Meister des gruseligen Psychothrillers erwiesen. Ausgerechnet den „Insassen“ für meine Fahrt nach Hause kurz vor Weihnachten zu wählen, betrachte ich im nachhinein als eine blöde Idee. Schneeregen, Düsternis taten ihr übriges zum Gruseleffekt, so dass ich nach knapp der Hälfte abbrechen musste. Sehr lesens- und hörenswert, aber ich empfehle, das Hörbuch echt bei Sonnenschein zu hören. Top!

Sebastian Fitzek, „Der Insasse“, erschienen bei Droemer Knaur, Hörbuch bei audible oder argon Hörbuch, gelesen von Simon Jäger

[Rezension] Anne Jacobs – Tuchvilla-Trilogie

Klappentext Band 1: Augsburg, 1913. Die junge Marie tritt eine Anstellung als Küchenmagd in der imposanten Tuchvilla an, dem Wohnsitz der Industriellenfamilie Melzer. Während das Mädchen aus dem Waisenhaus seinen Platz unter den Dienstboten sucht, sehnt die Herrschaft die winterliche Ballsaison herbei, in der Katharina, die hübsche, jüngste Tochter der Melzers, in die Gesellschaft eingeführt wird. Nur Paul, der Erbe der Familie, hält sich dem Trubel fern und zieht sein Münchner Studentenleben vor – bis er Marie begegnet …

Anne Jacobs‘ Tuchvilla-Trilogie ist recht entspannt zu hören, die Geschichte ist nicht allzu anspruchsvoll und kompliziert. Junge Frau trifft Unternehmererben, die beiden verlieben sich, es gibt Widerstand in der Familie, sie finden sich doch. Die Trilogie spannt vom Vorabend bis kurz vor das Ende des ersten Weltkrieges, auch die Figuren bleiben davon nicht unberührt. Ein großes Plus ist Anna Thalbach, deren Vorlesestimme in manchen Nuancen schon sehr an die ihrer Mutter erinnert.

Anne Jacobs, „Die Tuchvilla“, „Die Töchter der Tuchvilla“, „Das Erbe der Tuchvilla“, Hörbücher erschienen bei Random House Audio, gelesen von Anna Thalbach

[Rezension] Oliver Bottini – Der Tod in den stillen Winkeln des Lebens

Klappentext: „Banat/Rumänien 2014: Ioan Cozma hat abgeschlossen mit der Welt. Der Kripo-Kommissar lebt allein, es sind nur noch ein paar Jahre bis zu seiner Pensionierung; wenn er nicht groß auffällt, wird auch niemand in seiner Vergangenheit wühlen. Es ist besser so. Doch die Welt will ihn nicht in Ruhe lassen. Ausgerechnet Cozma wird die Ermittlungsleitung in einem brutalen Mordfall übertragen: Die junge Lisa Marthen, eine Deutsche, wurde erstochen aufgefunden. Ihrem Vater gehört ein landwirtschaftlicher Großbetrieb, und der Verdacht fällt auf einen seiner jungen Feldarbeiter, der in Lisa verliebt war und seit ihrem Tod verschwunden ist. Als eine Spur nach Mecklenburg führt, macht Cozma sich auf den Weg – und muss feststellen, dass er dort nicht der Einzige ist, der für Gerechtigkeit sorgen will…“

Landnahmen, Monokultur, Folgen für die Umwelt und die Menschen. Große Dinge, die Bottini klein, unauffällig und geschickt in diesem Roman verpackt und die irgendwann mit voller Wucht zuschlagen. Wie immer sind die Hintergründe genau recherchiert, das macht den Krimi um so packender. Ich habe lange auf ein neues, spannendes Buch von ihm gewartet und wurde nicht enttäuscht.

Oliver Bottini „Der Tod in den stillen Winkeln des Lebens“, erschienen im DuMont Buchverlag

Ruhige/ stürmische Zeiten

Es ist gerade ruhig hier und wird leider auch noch drei..vier Wochen so bleiben. In zweieinhalb Wochen kommt der Umzugswagen, vorher muss ich noch einiges packen, unter anderem den StUB. Im Kopf habe ich die Bücherregale in der anderen Wohnung schon platziert, doch wo alles seinen Platz finden wird, kann ich erst nach dem Umzug sagen.

Wie geneigte Mitleser wissen, werde ich aus beruflichen Gründen in eine andere Stadt ziehen. Ich hoffe, dann den Kopf wieder freier zu bekommen, auch für neue Bücher und Hörbücher. Im Moment beschäftigt mich eher, was ich wie und wohin einpacken muss und was hier bleibt.

Aber das wird schon.

[Rezension] Jenna Theiss – Der Sissi-Mord

„Ein Toter an der Orgel der evangelischen Kirche in Bad Ischl – ausgerechnet Josi Konarek findet die Leiche, als sie nach 25 Jahren für einige Tage in ihre ungeliebte Geburtsstadt zurückkommt.“

Josi findet als Besucherin ihrer Heimatstadt beim Besuch einer Kirche eine Leiche und ein bisschen Agatha Christie schimmert durch, als sie auf eigene Faust zu ermitteln versucht. Leider bleibt Josis Interesse an dem Mord im Dunklen, eher geht die Autorin auf Josis Zweifel an der Richtigkeit des Besuchs in Bad Ischl ein als aus der Geschichte eine Christie-ähnliche Story zu machen. Für mich war beim Lesen lange nicht klar, was der Krimi mit der Kaiserin Elisabeth von Österreich zu tun hat, aber ich bin ja auch keine Österreicherin. Am Ende hat mich der etwas schnelle Abschluss der Geschichte doch ziemlich ratlos zurückgelassen. „Der Sissi-Mord“ ist eine kurzweilige Krimilektüre ohne größeren Anspruch, leider waren die Figuren für mich auch zu ungenau gezeichnet. Vor allem vom Ermittler Paul Materna hätte ich mehr „Profil“ erwartet.

 

Jenna Theiss – Der Sissi-Mord – ISBN 978-3492501446 – erschienen im Piper Verlag

[Rezension] Andy Weir – Der Marsianer

„Bei einer der Ares-Expeditionen auf dem Mars gerät der Astronaut Mark Watney in einen Sandsturm und wird bewusstlos. Als er aus seiner Ohnmacht erwacht, ist er allein. Auf dem Mars. Ohne Nahrung. Ohne Ausrüstung. Und ohne Crew, denn die ist bereits auf dem Weg zurück zur Erde und hält ihn für tot. Für Watney beginnt ein spektakulärer Überlebenskampf.“

Ich glaube, wirklich jede(r) hat inzwischen die Verfilmung von Weirs Buch mit Matt Damon gesehen. Und glaubt mir, der Film ist besser. Ich hatte irgendwann Anfang des Jahres die Hörbuchausgabe für kleines Geld gefunden und mir das Buch auf längeren Strecken angehört. Leider ist die Story nicht annähernd so spannend wie im Film erzählt (ja ich weiß, Dramaturgie und so). Die Hörbuchversion ist anfangs noch interessant, verliert sich aber mehr und mehr in technischen und wissenschaftlichen Details, die ich als Raumfahrtlaie ums Verrecken nicht verstehe. Leider reisst Sprecher Richard Barenberg das alles auch nicht raus. Schade eigentlich, es hätte mehr draus werden können. Da hilft eigentlich nur, sich den Film nochmal anzusehen. Because Matt Damon.

Andy Weir – Der Marsianer – 978-3837131550 – Hörbuchversion bei Random House Audio

[Rezension] Rath & Rai – Tote haben kalte Füße

Kriminalkommisar Holger Brinks wird mit einem Vermisstenfall betraut: Victoria Sommer, eine der drei Gründerinnen der „Smooth Sisters“ ist verschwunden. Privatdetektiv Charlie Brinks soll derweil für eine alte Flamme deren Ehemann beim Seitensprung ertappen und langweilt sich zuTode. Dann verschwindet auch der Ehemann. Holger und Charlie erkennen nicht nur, dass beide Fälle zusammenhängen, sie hegen auch den Verdacht, dass die beiden anderen Sommer-Schwestern etwas mit dem Verschwinden des Ehemannes und Victoria zu tun haben.

Ich habe den zweiten Band der „Bullenbrüder“ im Hardcover gelesen und auch noch einmal als Hörbuch konsumiert, because Christoph Maria Herbst. Das ist sehr amüsanter, kurzweiliger Krimispaß, der auf jeden Fall die zweite Runde mit Hörbuch wert ist. Sehr amüsant ist das Auftauchen der Hippiemutter der beiden Brüder und der Trubel, den sie mit in Holger Brinks‘ Haus brachte. Mein Lieblingssatz im Buch ist übrigens dieser:

„Holgers Gesicht sieht aus, als hätte eine Umzugsfirma sein Gehirn ausgeräumt, besenrein.“ Und jetzt lesen Sie den Satz bitte noch einmal mit Herbsts Stimme. 🙂 Ich habe sehr gelacht.

Rath & Rai, „Bullenbrüder 2: Tote haben kalte Füße“, Hardcover erschienen bei Wunderlich, Hörbuch bei argon oder Audible