Hal Vaughan – Coco Chanel: Der schwarze Engel

Die Geschichte von Coco Chanels Aufstieg, von ihrem Leben im besetzten Paris und vor allem von ihrer Liaison mit dem deutschen Baron von Dincklage, einem Sonderbeauftragten des Reichspropagandaministeriums. Der Autor recherchierte bisher unbekanntes Material, das zeigt, wie sehr Coco Chanel mit der Nazi-Besatzungsmacht verstrickt war.

Hm. Coco Chanel als Nazi-Agentin, klingt interessant, das nehme ich mit. So mein Gedanke beim Kauf des Buches vor ein paar Monaten. Der Untertitel „Ein Leben als Nazi-Agentin“ hatte mich. Chanel war für mich immer eine faszinierende Person, was lag näher, endlich mal etwas mehr über sie zu lesen. Ich habe schon einige Verfilmungen ihres Lebens gesehen, aber diese decken ja bei weitem nicht alles ab.

Vaughan beginnt am Anfang; er schreibt über ihre Geschwister, ihre früh verstorbene Mutter, Chanels Aufwachsen im Waisenhaus eines Klosters. Er findet erste Ansätze für Antisemitismus, später wird auch klar, wie fanatisch Chanel Juden gehasst haben muss (ich vermute, es sind Auswirkungen der westeuropäischen Propagandamaschinerie zu Beginn des 20. Jahrhunderts). Es geht weiter zu ihren Anfängen in Paris, ihre ersten Affären und ersten „Sponsoren“, die ihr letztlich den Aufbau ihres gigantischen Imperiums ermöglichten. Chanel verstand es, geschickt diese Leute für sich einzunehmen, von ihren Ideen zu überzeugen und so die ersten Grundsteine für ihren Reichtum zu legen. Zentrale Figuren in diesem Spiel waren Boy Chapel, Etienne Balsan und später Hans Günther von Dincklage, der auch eine zentrale Rolle für die Nazis spielte. Chanel wird als clevere und geschäftstüchtige Frau beschrieben, die es verstanden hat, in einer doch noch sehr männerdominierten Welt zu einer Ikone für Mode, Reichtum und Macht zu werden.

An dieser Stelle habe ich ein Problem mit dem Buch: Chanels Leben und ihre Entwicklung spielt eigentlich kaum eine Rolle und verkommt, je weiter man sich einliest, zu einem Nebenschauplatz. Über viele Seiten hinweg wird mehr über Chapel, Churchill, Dincklage und sein Spionagenetz geschrieben als über Chanels Beteiligung an Spionageaktionen.

Ich habe auf Seite 194 das Buch erst einmal beiseitegelegt. Irgendwann hatte ich beim Umblättern nur noch die Frage im Kopf „Und was genau hat Chanel jetzt für die Nazis spioniert? Und vor allem – warum?“, während weitere Details aus Dincklages Aktivitäten beschrieben wurden. Für mich passte irgendwann auch nicht mehr Chanels Flucht aus Paris, als die Nazis die Stadt besetzt hatten und ihre Macht mit Aufmärschen demonstrierten. Spioniert ein Flüchtling vor den Nazis für die Nazis?

Ich lese jetzt erst einmal „2/14“, das mir der freundliche Geist bei diaphanes vor kurzem geschickt hat. Ob ich Vaughans Buch noch einmal zu Ende lese, steht gerade in den Sternen.

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