Rituale

Frühmorgens, irgendwo zwischen 4 und 5. Entweder bin ich schon wach, oder ich werde in genau diesem Moment wachgemaunzt. Die Dame des Hauses trottelt von ihrem Schlafplatz im unteren Geschoß zu den Näpfen, nimmt ein Mäulchen voll Trockenfutter (knack, knack) und trinkt einen Schluck Wasser. Alles mit mehr oder weniger laut hörbarem Geschnatter der Dame. Ist der Morgensnack beendet, geht es laut rufend die Treppe rauf. Redet man ihr gut zu, findet sie den Weg recht schnell, ansonsten erfolgt das nächste Protestgeschrei direkt vorm Bett. Langjährige Versuche haben übrigens ergeben, daß das Türenschließen zwecklos ist, wenn der Mensch sich im angrenzenden Raum befindet. Man wird vom stundenlangen Pfotenschubbern an der Tür entweder irgendwann wach oder gibt gleich entnervt auf.

Mit einem letzten Maunzer pirscht sie sich auf den Platz rechts von mir, natürlich auf der Bettdecke. Wehe, es gibt keinen Zipfel ab. Die Ohren müssen bekrault werden, der Hals, das Schnäuzchen. Wenn ich mich auf den Rücken drehe, begibt sich die Dame des Hauses umgehend auf meinen Oberkörper und streckt sich lang aus. Öhrchen, Schnurrhaare, Kinn, Hals, evtl. ein wenig Bauch zeigen. Dann vorsichtig die Flanken entlang, über die Wirbelsäule (der Hintern reckt sich genießerisch der Hand entgegen), wieder zurück zu den Ohren. Das Schnurren nimmt Formel-1-Lautstärke an. Bis ich irgendwann aufstehen muß.

Jeden Morgen geht das so, mal mehr, mal weniger intensiv. Dieses Ritual ziehen wir geduldig 30-45 Minuten durch. Sie genießt es, ich denke nach, rede mit ihr. Wir kommen gut miteinander aus.

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